Alter Kessel Hallstatt-Obertraun / Österreich im Febr. ī99


Wenige Monate nach der großen Expedition in Kroatien lud Ralf Haslinger mich ein zu einer nicht weniger spannenden Aktion, die allerdings an nur 2 - 3 Wochenenden bewältigt werden sollte.
Es ging um das Kessel-System, welches mit dem dahinterliegenden Hirlatzsystem (derzeitige Länge: über 93km!) verbunden werden sollte. Das es diese Verbindung gab, war relativ sicher! Nur konnte niemand vorraussagen, ob die Strecke auch betauchbar sein würde?!

(Gesamtplan des Kessel-Systemīs)

Unser Team bestand fast ausschliesslich aus Kroatien-Teilnehmern: Ralf Haslinger, Heinz Knauseder nebst Bruder, Ulrich Meyer, Ralph Wilhelm, Hans Brandstätter, Wolfgang Suchy, Stefan Mesarosz und meine Wenigkeit. Am interessantesten für mich sollte das Weekend vom 15. - 16. Febr. werden.
Ich traf Freitag Nachmittag in Hallstatt ein, mußte mir aber noch einige Stunden die Zeit vertreiben, da der Rest der Teilnehmer erst nach der Arbeit starten konnte. Die meisten kamen nach 22 Uhr an. Noch ein ausgedehntes Schwätzchen, dann gingīs in die Schlafsäcke. Am Samstag hieß es sehr zeitig aufstehen, denn ein Wochenende ist nicht wirklich lang. Nach dem Frühstück brachen wir zur Quelle auf. Am aufsteigenden Hang, in dem der Schacht des alten Quellaustrittes versteckt ist, lag gut ein halber Meter Schnee. Nachdem jeder wenigstens 5x den Hang hinauf- u. wieder hinabgestiegen war, um alles Equipment an den Eingang zu bekommen, existierte ein gut begehbarer Trampelpfad.
Ralf und mehrere weitere Teilnehmer waren 2 Wochen zuvor schon mit Plattformarbeiten beschäftigt. Diese wurden in dem 34m tiefen, fast senkrechten Schacht im Abstand von etwa 3m kurz übereinander über der Wasseroberfläche installiert. Die obere Plattform diente als Materiallager u. für den Support. Die darunter liegende, welche über eine Aluleiter erreicht werden konnte, diente den Tauchern zum Anlegen der Tauchgeräte.
(Blick von oberer auf untere Plattform)

Warum wurde kein Tauchversuch vom unteren Quellaustritt unternommen, wird sich vielleicht jemand fragen? Ehrlich gesagt, ich mich heut auch;-) Damals war man der Meinung, das ein Überklettern des Canyonīs hinter S1 zu kompliziert sei. Heut bin ich aber sehr sicher, dass es mit einigen Hilfsmitteln die einfachere und sichere Variante gewesen wäre! Hinzu kam, dass kurz unterhalb der Wasseroberfläche im Alten Kessel eine üble Engstelle von 20 x 40 x 80cm liegt, die nur mit max. Doppel-7 bewältigt werden konnte! Für einen Explorationstauchgang auf ca. 60m Tiefe mußten also mehrere Stages zusätzlich herhalten!

(Schachteingang)
Das Ablassen der Geräte u. Hilfsmittel gestaltete sich als sehr schwierig, da tauendes Wasser permanent in den Schacht lief. Teilweise vereisten die Seile! Auf halbem Wege gibt es einen Sims, auf dem ein Mann stehend das Equipment weiterleitete.
Als alles an seinem Platz war, machte Ralf sich fertig für einen Checktauchgang. Er legte draußen seinen Tauchanzug an und seilte sich dann hinab. Unten inīs Gerät und abgetaucht. Na etwa 45min. kehrte er zurück. Die Sicht im Schacht sei durch im Zersetzungsprozess befindliches Laub und Geäst, welches regelmäßig in den Schlund fällt, sehr schlecht, meinte er. Hmm, keine guten Aussichten also.
Nach getaner Arbeit hatte ich die Gelegenheit, zusammen mit Hans einen Tauchgang im vorderen Kessel zu machen. Ich freute mich schon sehr darauf! Die Wasserqualität war dann auch recht gut. Wir hatten wenigstens 10m Sicht. Der Siphon ist nur 45m kurz. Dann folgt einohne Hilfsmittel unbegehbares Trockenstück, welches zu S2 führt. Dieser mündet gut 40m später in den tiefen Schacht. Wir tauchten die Strecke mehrere Male.Ich hatte Zeit, einige Male Leine zu verlegen u. die im Gang befindliche Engstelle zu passieren.
Abends saßen alle gemütlich beisammen und plauderten von interessanten Erlebnissen. Ich als Newbie hatte mehr den Part des Zuhörers zu bekleiden;-)

(Ralph W. mit unerwartet helfender Hand;-)) )

Für Sonntag plante Ralf seinen Vorstoß. Leider mußte er wegen immens schlechter Sicht in ca. 45m Tiefe umkehren;-( Ein erneuter Versuch wurde auf ein kommendes Wochenende verschoben.
Für mich ergab sich nun die Chance, dort einen Tauchgang zu machen. Es sollte mein erst dritter Höhlentauchgang werden! Dementsprechend groß war meine Aufregung bei der Vorbereitung! Gemeinsam mit Stefan M. machte ich mich startklar. Erst wurden die Doppel-7 abgelassen, dann schlüpften wir in unsere Trockis und seilten hinab zur ersten Plattform. Nun hinunter auf die untere Ebene, wo Ulrich uns half, die Tauchgeräte anzulegen. Kurzer Talk über das vor uns Liegende, dann glitten wir nacheinander inīs Wasser. An der Oberfläche betrug die Sicht noch etwa 2m. Dann kam die Engstelle. Ich sollte zuerst probieren, ob ich sie bewältigen könne. Direkt darüber hatte Ralf eine Strebe eingebaut, um sich daran durchzuschieben bzw. -ziehen. Ich schlüpfte 2 - 3x problemlos hindurch, bevor Stefan das OK-Zeichen bekam. Er folgte mir nach und wir setzten unseren Tauchgang fort. Die Sicht wurde schlechter. Das Licht unserer Lampen schien rötlich. Es wurde von tausenden kleinen, schwarzen Kügelchen regelrecht verschluckt. In 20m Tiefe stoppten wir unseren Abstieg. Hier führte eine Leine waagerecht vom Schacht weg. Dieser folgten wir nun. Je weiter wir uns von der Hauptleine entfernten, desto besser wurde die Sicht. Nach gut 20m wurde die Passage überschaubar. Die Sicht betrug jetzt mindestens 20m! Großartig, wie ich fand! Wir befanden uns nun auf der anderen Seite des Trockenganges, welcher hinter S1 liegt. Die Höhle ist hier völlig zerklüftet mit mehreren kurzen Gangstücken links u. rechts. Ich fühlte mich wie in einer anderen Welt. Am Canyon tauchten wir auf u. analysierten das Gesehene. Begeisterung pur!!! 5min. später traten wir den Rückweg an Ulrich wartete auf der Plattform und half uns hinaus. Nun mußte nochmal der Aufstieg genommen werden. Uffz...
Gegen 20.30Uhr kamen wir zurück anīs Tageslicht, oder was davon noch übrig war. Die anderen hatten sich bereits auf den Weg inīs Quartier gemacht u. packten dort ihre Sachen für den Heimweg. Ulrich u. ich übernachteten noch u. fuhren am kommenden Tag bei tiefstem Schneetreiben zurück. Unterwegs nächtigten wir bei mehreren Vollsperrungen insgesamt 12h auf der Autobahn. Was uns verwehrt blieb, gelang einem anderen mehrere Jahre später!
Der Tscheche Pavel Riha durchtauchte am 14.12.03 den zweiten Siphon der Kesselquelle. Sein Tauchgang ging durchs Knie des Siphons auf -63m. Er erreichte nach 480m Tauchstrecke die Oberfläche. Unterwegs zweigten mehrere Gänge ab, die aber nicht weiter verfolgt werden konnten.
Eine Identifikation der Auftauchstelle mit dem Endpunkt im Hirschaulabyrinth der Hirlatzhoehle ist wohl erfolgt!


(v. l. n. r.: Ralf Haslinger; Stefan Schiemann; Wolfgang Suchy)