10 Tage in AVEYRON und ARDÉCHE




Teil 1: AVEYRON
Eigentlich muss ich doch völlig bescheuert sein, jedes Jahr wegen ein paar Tauchgängen eine (Tor)Tour von ca. 4500km auf mich zu nehmen. Zumindest dachte ich das ganz kurz in einem Anflug von Langeweile während unserer 1700km langen Anreise ins Aveyron. Die Gedanken verflogen dann aber zusehends, je näher Andi und ich unserm Ziel kamen.

Wir waren Sonntag gegen 16Uhr gestartet, fuhren mit sehr viel Stau in Deutschland die ganze Nacht durch und gönnten uns dann bei den ersten Sonnenstrahlen ein gemütliches Frühstück mit frischem Olivenbrot und Käse direkt am Mittelmeer.

Frisch gestärkt ging es auf die letzten paar Kilometer zur Unterkunft für die kommenden 5 Nächte,dem Hotel "Le Durzon", benannt nach dem vorbei fließenden Bächlein. Die nahe gelegene Quelle sollte unser erstes Tauchziel werden. Nachdem unser nicht benötigtes Equipment im "Lockerroom" verstaut war, gönnten wir uns erstmal eine Mütze Schlaf.

3h später bestaunten mein Weggefährte und ich den traumhaft klaren Quellteich der Durzon. Erst musste gecheckt werden, ob und wie wir durch die Engstelle des Einganges kommen würden. Die Rolle fiel mir zu. Mit Doppel-12 und einer Stage zwängte ich mich durch die wild übereinander liegenden Felsbrocken. Nach einigen Metern öffnete sich die geräumige Passage. Ich tauchte auf, während Andi schon fleißig dabei gewesen war, Stages ins Wasser zu werfen.




Diese kamen nun übereinander geklickt an ein Seil und wurden dann durch das Nadelöhr in die Höhle gelassen. Die 3 Scooter (einer für den E-fall) schob mein Partner einzeln durch. Unten befestigte ich alles an der Hauptleine. Als Andi dann folgte, sortierte jeder seine Stages ein und los ging´s. Geplant war ein Vorstoß in 400m Entfernung bis zu einem Gangabschnitt, den man aufgrund des engen Gangprofils übersetzt als "Walzwerk" bezeichnen kann. Bei etwa 30 - 40m Sicht im anfangs um die 15m tiefen Gang fuhren wir vorbei an mehreren T´s, welche in Luftglocken und kleine Nebengänge führten. Bei 300m passierte Andi vor mir die letzte Luftglocke. Dahinter fiel der Gang dann plötzlich über eine Halde führend sehr rasch ab in die Tiefe. 50m weiter begann der sehr flache und stark am Boden mit Sediment bedeckte Abschnitt, welcher aber glücklicherweise links davon umgangen werden konnte. Wir hängten die Scooter in die Hauptleine und folgten dem kleiner werdenden Gang noch gut 50m bis hinter eine kurze Engstelle, an der die Sicht sich durch aufgewirbeltes Sediment schlagartig rapide verschlechterte.



Da wir aus Sicherheitsgründen die meisten Tauchgänge nur aus den Stages atmen und die Rückengeräte als Backup unangetastet lassen wollten, zwang uns die Gasplanung an dieser Stelle zum Umkehren. Mit einer Hand an der Leine dauerte es etwa 20m, bis die Sicht wieder annehmbar wurde. Langsam zurück scooternd schauten wir uns noch einen schönen Nebengang an, der als Loop nach ca. 60m zurück auf den Hauptgang zurückführt. Nach 2h mit entspannter Deko verließen wir das System. Die Erlebnisse machten Appetit auf mehr.




Am kommenden Morgen fast ausgeschlafen stand die Sorgues-Quelle auf dem Plan. Dieses mit 220m Länge nur relativ kleine System wartet meist mit fantastischen Sichtbedingungen auf. So auch diesmal. Der anfänglich recht enge, an einigen Stellen stark einsiltende Gang geht nach 30m in eine geräumige Passage über, die sich vorbei an zwei Nebengängen in Tiefen von 25 - 30m bequem bis zu ihrem Ende, einem senkrechten Spalt betauchen lässt. Nach einigen Stunden Oberflächenpause ging es für einen weiteren TG ins Wasser. Im Dunkeln verließen wir die Sorgues, packten zusammen und fuhren zu einem gepflegten Abendessen ins Hotel.


Dienstag sollte für einen Tag das benachbarte HERAULT erkundet werden. Neben dem Finden neuer uns noch unbekannter Höhlen und dem Nehmen von GPS-Daten an bekannten Systemen sollte natürlich auch ein Tauchgang nicht fehlen.
Dazu hatte ich uns meine Lieblingshöhle für Nasstauchgänge mit Doppel-7 ausgesucht. Andi kannte dieses schnuckelige Etwas noch nicht, was sich Foux de Pompignan nennt. Er wusste nur, dass vorher ein Fußmarsch von gut 400m mit vollem Equipment durch Dornengestrüpp bevorstand und das machte ihn nicht unbedingt froh.

Als er dann ächzend am kleinen Quellaustritt stand, war mein Freund noch immer nicht überzeugt, ob die Anstrengungen es wert gewesen waren.
Erst beim Hineingleiten erhellten sich seine Gesichtszüge. Die Sicht sollte noch deutlich besser als bei meinem letzten Besuch vor einigen Jahren sein! In dem kleinen und teils engen Gang gab es zunächst keinerlei Eintrübungen. Helle übereinander geschichtete Gesteinsplatten säumten unseren Weg. Nach 80m gab es zwei Möglichkeiten zum Vordringen. Ich tauchte zunächst voraus nach links in einen mir noch unbekannten Gang, der schnell immer enger wurde. Kurz zurückschauend sah ich meinen Freund fast gänzlich in starken Aufwirbelungen von feinem Sediment verschwinden. Nach 30m verengte die Passage sich derartig, dass ein weiterer Vorstoß bei nur noch wenigen Zentimetern Sicht sehr Risiko behaftet gewesen wäre. Ich gab Andi das Zeichen zur Umkehr. Zurück am ´T´ tauchte fortan er voraus, um auch mal was von der Höhle zu sehen. In einem weiteren engen Gang dann dasselbe Szenario. Nach 15m war auch hier Schluss. Wir kehrten um und hielten uns noch ein Weilchen mit einigen Leinenübungen im mittleren Teil der Pompignan auf, bis uns zu frisch wurde. Andi war während und nach dem TG sichtlich begeistert und so ging der Rückmarsch auch relativ schnell vonstatten.

Den Rest des Nachmittags wollte ich dann unbedingt noch nutzen, einen Blick auf die derzeitigen Bedingungen der Höhlen Gourneyras und Gourneyrou zu werfen. Auf dem abenteuerlichen Weg, es dämmerte bereits, erlebten wir kurz vor dem Ziel eine große, böse Überraschung. Ein mehrere hundert Kilo schwerer Fels war direkt auf den Weg gefallen. Es gab nur die zwei Möglichkeiten, einige Hundert Meter auf dem engen Weg mit Abhang auf einer Seite rückwärts zu fahren bis zu einer Wendemöglichkeit oder das Viech wegräumen. Da wir ja Helden sind, kam nur Option 2 in Betracht! Ich zog mein kleines Beil aus der Tasche und begann, einen Baum zu fällen. Mit dessen Hilfe konnte der


Brocken dann vom Weg gehebelt werden. Eigentlich sollte er ja am Rand liegen bleiben aber die Schwerkraft hatte anderes im Sinn. Er rutschte vorbei am obersten Baum und nahm verdammt schnell Fahrt auf. Der erste doch recht dicke Baum wurde gleich mal umgemäht, als ob ein Streichholz brechen würde. In einer Schneise der Verwüstung verschwand der Fels nun aus unseren Augen und war dann lange nur noch hörbar, bis er mit einem finalen Klatscher gut 50m tiefer im Fluss landete. Bilder von zerquetschten Kajakfahrern, Anglern oder Höhlentauchern schwirrten vor meinem geistigen Auge umher. Aber das konnte eigentlich nicht sein, oder?!


Die gesuchten Höhlen waren dann auch irgendwann abgefrühstückt. Auf dem Rückweg trafen wir auf eine Gruppe Höhlenforscher, welche übers Weekend ein unbekanntes System in der Nähe erforschen wollten. Mist, dass wir noch den langen Rückweg vor uns hatten. Wäre zu interessant gewesen…
Die letzten zwei Tage wurden erneut an Durzon und Sorgues zugebracht.
Nach dem letzten TG suchten wir uns ein ruhiges Plätzchen,
um den Kompressor 3h durchlaufen zu lassen. Nebenbei wurden Stages und Rückengeräte vorgemischt, um beim Übersetzen in die ARDÉCHE alle Flaschen tauchfertig zu haben.

Wir hatten jeder zwei Doppel-12 und zwei Stages mit TMX 18/50 bzw. 15/55 mitgenommen. Das Doppelgerät mit dem 18/50 war teilweise verbraucht und konnte nur noch zu einem schwachen Trimix aufgetoppt werden, da es uns zu mühselig gewesen war, extra He in einer großen Speicherflasche mitzuschleppen. Sauerstoff hatten wir genügend in 10 Stages dabei. Das anschließende Beladen des Busses dauerte dann leider bis spät in die Nacht, da das Heckklappenschloss des T4 den Geist aufgab. Eine provisorische Zugvorrichtung musste her.


Teil 2 Ardéche